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Mastodon – das neue Twitter?

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Ende letzten Jahres hat der Kurznachrichtendienst Mastodon einen Boom erlebt, seit Anfang Januar gehen die Zahlen der aktiven Nutzer:innen aber wieder zurück. Wir stellen dir heute die Social-Media-Plattform Mastodon genauer vor.

Unser Social-Media-Experte Michael Praetorius ist bereits seit 2017 bei Mastodon:

Michael praetorius PORTRAIT
„Mastodon ist wie Twitter, allerdings ein dezentrales soziales Netzwerk, das auf verschiedenen Instanzen installiert und betrieben werden kann. Damit soll eine dominante Rolle verhindert werden. Seit der Übernahme von Elon Musk bei Twitter wird Mastodon immer beliebter. Vor allem für Menschen, die ihre Daten besser unter Kontrolle haben wollen, ist Mastodon eine Alternative zu Twitter und anderen sozialen Netzwerken.“

Was ist Mastodon?

Bei Mastodon handelt es sich um einen Microblogging-Dienst, der sowohl in den Funktionen als auch im Aussehen enorme Parallelen zu Twitter aufweist. Die Benutzeroberfläche ist nahezu identisch. Durch die Übernhame von Twitter durch Elon Musk hat Mastodon im November 2022 einen regelrechten Boom erlebt. Die Nutzerzahlen sin Ende letzten Jahres zeitweise um 100.000 neue Nutzer:innen pro Tag gestiegen. Im Dezember meldete Mastodon 2,5 Millionen aktive Nutzer:innen (aktiv bedeutet, dass mindestens einmal im Monat gepostet wurde). Insgesamt verzeichnet Mastodon laut eigenen Angeben im Januar 2023 etwa 9 Millionen Nutzer:innen (zum Vergleich: Twitter meldete 2021 rund 363 Millionen Nutzer:innen).
Aktuell hat Mastodon aber ein Problem, seine Nutzer:innen zu halten. Im Januar sank die Zahl der akiven Nutzer:innen auf nur noch 1,8 Millionen. Grund für den Rückgang könnte zum einen die Komplexität des Netzwerks sein: Mit seinen dezentralen Strukturen ist die Nutzung der Plattform im Vergleich zu anderen Social-Media-Netzwerken recht kompliziert.
Außerdem ist Mastodon in Deutschland noch sehr unbekannt:

80 % aller Befragten kennen Mastodon nicht, lediglich 4 % haben einen eigenen Account. Unter den 18-24 Jährigen ist Mastodon am bekanntesten: "Nur" 62 % haben noch nie etwas von der Plattform gehört, 10 % haben einen Account. Generell lässt sich sagen: Je älter die Zielgruppe, desto weniger bekannt ist Mastodon und desto weniger Personen haben angegeben, einen eigenen Account zu besitzen.

Wie funktioniert das dezentrale Netzwerk?

Mastodon wurde 2016 von Eugen Rochko aus Jena gegründet. Es handelt sich also um ein deutsches Unternehmen. Die Vision von Gründer Rochko war es, eine Plattform zu schaffen, die von den User:innen mitgestaltet werden kann und auf der Daten sicher sind. Das gelingt durch ein dezentrales Netzwerk aus verschiedenen Servern. Im Gegensatz zu allen großen Social-Media-Plattformen, die allesamt zentral auf ihrem eigenen Server gehostet werden, besteht Mastodon aus verschiedenen Servern. Die Server werden von den Nutzer:innen selbst erstellt, gehostet und verwaltet. Im Mastodon-Universum heißen sie auch Instanzen und laufen alle gemeinsam im Federated Universe (auch Fediverse genannt). Streng genommen bildet Mastodon also nur die Oberfläche, die alle Server verbindet.

Mastodon läuft auf verschiedenen Servern, die von den Nutzer:innen selbst erstellt und betreut werden. Eigentlich bildet Mastodon nur die Plattform, auf der alle Server zusammenlaufen. Alle anderen herkömmlichen Social-Media-Plattformen haben nur einen einzigen Server.

Genaue Zahlen zu den Servern liefert Mastodon nicht. Lediglich auf Wikipedia finden wir eine Zahl: 17.169 Server. In der Tabelle wird auch klar, dass die Zahl der Server in den letzten Monaten explodiert ist. Am 18. Noevmer 2022 waren es lediglich 4.343 Server. Mastodon war zunächst nur eine Nischenplattform, auf der sich Software-Entwickler und Programmierer herumgetrieben haben. Heute findest du zu fast jedem erdenklichen Thema einen Server: Beispielsweise gibt es einen Server für Streamer (gametoots.de) und einen Server extra für die Schweiz (swisstoots.ch), aber auch nischigere Themen werden bedient. Beispielsweise existiert ein Server, der sich ausschließlich mit Themen rund um Smart Home (hometech.social) beschäftigt oder auch einen für Suchmaschinenoptimierung (seo.chat).

Mastodon wurde ohne den Gedanken, Profit zu erwirtschaften, ins Leben gerufen. Zu Beginn war Eugen Rochko der einzige Mitarbeiter, heute arbeiten fünf Personen an dem Netzwerk. Das hält die Kosten sehr gering. Zudem handelt es sich bei dem Netzwerk um ein Open Source Projekt, dessen Quellcode frei zur Verfügung steht. Mastodon finanziert sich aktuell komplett aus Spenden und Freiwilligenarbeit. Die Betreiber:innen der Server kümmern sich in ihrer Freizeit um die Plattform und bekommen keine Vergütung dafür. Die Haupt-Sponsoren werden transparent auf der Plattform dargestellt. Werbeeinnahmen oder Einnahmen aus dem Verkauf von Daten gibt es nicht. Insofern ist das Netzwerk aktuell für Werbetreibende nicht besonders interessant.

Wie nutze ich Mastodon?

Wenn du dir bei Mastodon einen Account erstellst, musst du zunächst den Server wählen, auf dem du dein Profil anlegen musst. Es ist auch möglich, sich mit der selben E-Mail-Adresse bei mehreren Servern Accounts zu erstellen. Bei vielen Servern werden die Anmeldungen manuell überprüft, das bedeutet, du solltest dir einen Server aussuchen, der auch tatsächlich zu deinem Interesse passt und wo du etwas beisteuern kannst. Obwohl du dich für einen Server entscheidest, kannst du mit Nutzer:innen von anderen Servern kommunizieren. Sollten sich deine Interessen ändern oder solltest du feststellen, dass der gewählte Server doch nicht für dich geeignet bist, kannst du deinen Account auf eine andere Instanz umziehen. Die bis dahin aggregierten Follower:innen bleiben aber bestehen. Wenn du möchtest, kannst du sogar deinen eigenen Server erstellen.

Mastodon wirbt auf seiner Website mit „Sicherheit für alle“. Gleich im nächsten Satz wird dieses Versprechen allerdings wieder relativiert. „Wir können die Server nicht kontrollieren.“ Tatsächlich ist es so, dass die Server nicht von einer übergeordneten Instanz kontrolliert werden. Allein die Serverbetreiber:innen sind für die Inhalte der Instanzen verantwortlich. Sie machen die Regeln und bestimmen, was gepostet werden darf, und was nicht. Auch wenn sie Mastodon selbst gibt lediglich an, dass sie auf der offiziellen Website keine Server bewerben, die nicht moderiert werden und in denen Hass, Rassismus oder Transphobie stattfindet.
Eugen Rochko erklärt, das Mastodon es Menschen ermöglicht, sichere Räume zu schaffen. Auch wenn die Plattform nichts gegen Hasspostings tun kann, ist er überzeugt davon, dass Menschen die Plattform nicht für böswillige Nachrichten und Taten missbrauchen. Er erklärt, dass es einen großen Unterschied zwischen Mastodon und anderen großen Social Media Plattformen gibt: Während Instagram TikTok & Co. aus wirtschaftlichen Gründen daran interessiert sind, so viele User:innen wie möglich auf der Plattform zu haben und möglichst viel Engagement hervorzurufen, hast Mastodon diese Interessen nicht. Deswegen können die Betreiber:innen der Plattform Personen, die sich falsch verhalten, einfach und ohne Konsequenzen von ihren Servern verbannen. Welche Dynamiken allerdings entstehen können, wenn sich ein ganzer Server einem Hassthema verschreibt, dazu macht er keine Angaben.

Was unterscheidet Mastodon von Twitter?

Ganz ähnlich wie bei Twitter bekommst du bei Mastodon die Nachrichten von Personen angezeigt. Wo du bei Twitter die Tweets deiner Follower:innen siehst, erhältst du bei Mastodon die sogenannten Toots (zu Deutsch auch Tröts) der Personen auf deinem Server. Im Gegensatz zu Twitter und auch den meisten anderen Social-Media-Plattformen, arbeitet Mastodon nicht mit einem Empfehlungsalgorithmus, sondern zeigt die Toots in chronologischer Reihenfolge an. Das soll laut dem Gründer verhindern, dass polarisierende Beiträge zu iel Reichweite bekommen. Bei Mastodon hast du 500 Zeichen pro Beitrag zur Verfügung (bei Twitter sind es nur 280) und statt Herzen vergibst du Sternchen, wenn dir Beiträge gefallen. Beiträge können aus Text, Bildern, Videos und Links. Die bei Twitter oft geforderte Funktion, Beiträge im Nachhinein noch bearbeiten zu können, hast du bei Mastodon. Ein weiterer, entscheidende Unterschied ist, dass du für jeden einzelnen Post entscheiden kannst, wer ihr sehen darf (ähnlich wie bei Facebook). Außerdem kannst du Content- und Triggerwarnungen erstellen.

Bei Mastodon stehen dir außerdem unterschiedliche Timelines zur Verfügung. Du kannst dir die Beiträge deiner persönlichen Kontakte ansehen, die der Personen auf deinem Server oder weltweit trendende Posts. Prinzipiell kannst du dich mit allen Usern und Userinnen auf Mastodon vernetzen. Die Suche wird dir aber erschwert, da du sowohl den Server als auch den korrekten Usernamen der Person wissen musst, um sie zu finden.

Wie nutze ich Mastodon als Unternehmen?

Die Möglichkeiten, auf Mastodon Marketing zu betreiben sind (aktuell noch) sehr gering. Mastodon wurde nicht mit dem Ziel gegründet, Geld zu verdienen sondern beruht auf einer gemeinnützigen Intention. Prinzipiell kann jeder Server selbst entscheiden, ob er Anzeigen zulässt. Generell stehen Nutzer:innen Werbung aber ablehnend gegenüber, zumal aktuell immer mehr frustrierte Twitter-User:innen zu Mastodon wechseln, die schätzen, dass sie auf Mastodon nicht mehr mit Werbung überhäuft werden.

Neben der Mentalität der Nutzer:innen musst du bedenken, dass Mastodon im Vergleich zu anderen Social-Media-Plattformen nur geringe Nutzerzahlen hat. Hinzu kommt, dass du in der Regel nur auf einem oder einigen wenigen Servern aktiv bist, was deine Reichweite noch weiter einschränkt. Selbst wenn es also möglich wäre, Anzeigen zu schalten, wäre der Aufwand dafür vermutlich zu hoch.

Anzeigen kannst du bei Mastodon also keine schalten. Allerdings könntest du Mastodon nutzen, um Brand Awareness zu steigern und Community Management zu betreiben. Auf den ersten Blick mag auch das wenig effektiv wirken, da die Plattform ohne Algorithmus funktioniert und Beiträge strikt chronologisch auf ihrem eigenen Server dargestellt werden. Viralität ist damit ein Ding der Unmöglichkeit. Stattdessen solltest du die Tatsache nutzen, dass sich auf den einzelnen Servern ausschließlich Personen befinden, die sich ohnehin für ein bestimmtes Thema interessieren. Wenn du den richtigen Channel findest, hast du also die Möglichkeit, dein Inhalte ohne große Streuverluste zu platzieren. Bedenke aber auch hier, dass die Nutzer:innen Werbung gegenüber eher negativ eingestellt sind. Auch als Unternehmen solltest du also eher ein aktives Mitglied der Diskussion sein, statt einfach so Inhalte mit Links zu deiner Website zu teilen.

Ebenfalls denkbar wäre ein eigener Channel für dein Unternehmen, über welchen du Community Management betreiben könntest.

Wie geht es weiter?

Aktuell arbeitet Mastodon an einer Kooperation mit der Bloggingplattform Tumblr. Über das ActivitxPub-Protokoll sollen Nutzer:innen beider Plattformen miteinander kommunizieren können, ohne dabei die eigene Plattform und den eigenen Account verlassen zu müssen.
Die Entwicklung von Mastodon in der Zukunft ist schwer vorherzusagen. Da keine Monetarisierungsmöglichkeiten bestehen, ist die Plattform für Unternehmen eher uninteressant. Dass die Plattform derartige Macht und Reichweiten wie Instagram, TikTok und Co. erreicht, ist deswegen eher unwahrscheinlich. Allerdings können wir davon ausgehen, dass die App immer mal wieder mehr Zulauf bekomme wird, nämlich dann, wenn bei Twitter etwas schiefläuft und Elon Musk sich den nächsten Fehltritt leistet.

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