Corporate Influencer: Wie deine Mitarbeitenden zu den besten Markenbotschaftern werden – Ein Leitfaden für den Start
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Level: Beginner
In einer Welt, in der Vertrauen die härteste Währung darstellt, ist es keine Überraschung, dass immer mehr Unternehmen auf ihre glaubwürdigsten Stimmen setzen: die eigenen Mitarbeitenden. Sie geben authentische Einblicke in Projekte, feiern Team-Erfolge und diskutieren Fachthemen. Sie sind keine typischen Social-Media-Stars, sondern echte Menschen, die einfach für ihr Unternehmen brennen.
Studien zeigen schon seit Jahren, dass „normale Mitarbeiter“ glaubwürdiger sind als CEOs. Menschen vertrauen Menschen, nicht anonymen Firmenlogos. Wenn also eine Softwareentwicklerin über die Herausforderungen eines neuen Features berichtet oder ein Azubi von seinem ersten Messebesuch erzählt, ist das für Außenstehende um einiges nahbarer als jede Hochglanzbroschüre.
Wie du ein solches Corporate-Influencer-Programm von Grund auf startest, erfährst du in diesem Artikel. Man braucht vor allem einen klaren Plan, etwas Geduld und Mut zur Authentizität.
Schritt 1: Das „Warum“ klären und Ziele definieren
Was genau willst du mit dem Programm erreichen?
Bevor du auch nur eine Person ansprichst, brauchst du Klarheit. Starte nicht beim Tool oder Kanal („Wir müssen jetzt alle auf LinkedIn aktiv sein!“), sondern beim Problem oder Bedarf, den du lösen möchtest. Zu häufig starten Unternehmen Programme, nur weil der Wettbewerber es auch hatte. Das Ergebnis war planloses Posten und schnelle Ernüchterung.
Mögliche Ziele könnten für dich sein:
- Employer Branding & Recruiting: Du willst als Arbeitgeber sichtbarer werden und mehr qualifizierte Bewerbungen erhalten. Beispielsweise könnte ein Entwickler-Blogbeitrag eines Mitarbeiters neue Tech-Talente anziehen.
- Vertriebsunterstützung & Lead-Generierung: Deine Fachexpertinnen und -experten sollen durch ihr Wissen das Vertrauen in eure Produkte und Dienstleistungen aufbauen. Nichts verkauft subtiler als ein Ingenieur, der stolz eine technische Lösung erklärt.
- Sichtbarkeit & Reichweite: Dein Unternehmen soll als innovativer Vordenker (Thought Leader) wahrgenommen werden. Etwa wenn Mitarbeitende regelmäßig zu Branchentrends posten und so die Diskussion mitprägen.
- Image und Kultur nach außen tragen: Die Werte deines Unternehmens sollen greifbar werden. Mitarbeiter-Posts über den Arbeitsalltag, Team-Events oder soziale Aktionen zeigen die Kultur authentischer als jede PR-Mitteilung.
Fokussiere dich zum Start auf ein Hauptziel. Ein klarer Fokus (z.B. primär Employer Branding) macht den Erfolg später besser messbar und erleichtert die Argumentation gegenüber dem Management enorm.
Realitätscheck: Passt die Kultur?
Nutze die Zieldefinition auch als Realitätscheck für die Unternehmenskultur. Frag dich ehrlich, ob eure Mitarbeitenden aktuell gern genug für euch arbeiten, um gute Botschafter und Botschafterinnen zu sein. Wenn im Unternehmen schlechte Stimmung herrscht, sollte zuerst daran gearbeitet werden. Die Basis eines erfolgreichen Corporate-Influencer-Programms ist Stolz und Zufriedenheit im Team.
Du willst noch besser verstehen, wie du ein Corporate Influencer Programm sinnvoll aufbaust? Dann ist unser Corporate-Influencer-Seminar mit Daniel Zoll genau das Richtige von dich.
Schritt 2: Interne Talentsuche
Jetzt geht der Blick nach innen. Wer könnte die Botschaft nach außen tragen? Schau dich systematisch in allen Abteilungen um – von der Produktentwicklung über den Vertrieb bis zur Produktion. Suche nach Kolleginnen und Kollegen, die bereits gerne kommunizieren, auf Netzwerken wie LinkedIn aktiv sind oder einfach spannende Geschichten zu erzählen haben. Ein Produktionsmitarbeiter, der privat einen Technik-Blog schreibt, wäre ein Volltreffer für dein Programm.
Herzblut schlägt Hierarchie
Der wichtigste Leitsatz hierbei: Herzblut schlägt Hierarchie. Die besten Corporate Influencer sind selten Führungskräfte. Oft bewegen ein motivierter Azubi oder eine erfahrene Ingenieurin mit ihren Einblicken mehr, weil ihre Perspektive unverfälscht und nah am Geschehen ist.
Insider-Tipp: Sprich mögliche Kandidaten persönlich und wertschätzend an. Lass ihre Führungskräfte wissen, warum du gerade diese Person vorschlägst, damit kein Missverständnis entsteht. Und hab auch die leisen Talente im Blick: Manchmal übersehen wir introvertierte Fachleute, die tolle Inhalte beitragen könnten, wenn man sie ermutigt.
Schritt 3: Die richtigen Leute gewinnen
Der Knackpunkt ist oft: Wie überzeugst du deine Kollegen und Kolleginnen, freiwillig mitzumachen? Nur weil jemand gern kommuniziert, heißt das nicht automatisch, dass er oder sie sofort als Unternehmensbotschafter auftreten will.
- „Darf ich das überhaupt?“
- „Was, wenn ich etwas Falsches sage und Ärger bekomme?“
- „Habe ich dafür überhaupt Zeit neben meinen anderen To-Dos“
Diese Bedenken sind normal. Wichtig ist, sie ernst zu nehmen und das Programm als Chance und Unterstützung zu kommunizieren, nie als Zwang.
Stell das Vorhaben offen und transparent vor, z.B. im Intranet oder bei Team-Meetings. Es kann deutlich bei der Überzeugungsarbeit helfen, frühere Teilnehmer:innen aus anderen Programmen berichten zu lassen. Das wirkt glaubwürdiger, als wenn nur HR oder PR spricht.
Was springt für die Mitarbeitenden dabei raus?
- Karriere-Boost: Als Corporate Influencer werden Mitarbeitende intern wie extern sichtbarer. Sie bauen ein professionelles Netzwerk auf, entwickeln ihre persönliche Marke weiter und positionieren sich als Expertinnen und Experten. Vielleicht wird die Kollegin bald als Speakerin zu Konferenzen eingeladen? Nicht unwahrscheinlich.
- Unterstützung durch das Unternehmen: Versichere, dass die Firma Zeit und Know-how in ihre Botschafter:innen investiert. Schulungen, inhaltliche Coaching-Angebote oder Freiräume zum Posten. Die Deutsche Telekom erlaubt ihren Ambassadors in manchen Bereichen sogar bis zu 20% der Arbeitszeit für solche Aktivitäten. Das zeigt natürlich, welchen Stellenwert das Thema dort hat.
- Rückenwind vom Management: Zeige, dass die Unternehmensführung voll hinter dem Programm steht. Ein persönliches Statement oder Kick-off durch den CEO kann Wunder wirken.
Wichtig: Freiwilligkeit ist oberstes Gebot. Lass allen Kandidaten die Wahl. Jemand, der sich gedrängt fühlt, wird kaum authentisch und mit Freude posten. Dieses „Kein Muss“ nimmt den Druck raus und häufig bleiben gerade deshalb viel mehr Leute engagiert dabei.
Schritt 4: Qualität vor Quantität
Gerade zum Start ist ein guter Mix wichtiger als Masse. Mache nicht den Fehler und schick einfach alle auf einmal ins Rennen. Das führte zu Chaos in der Betreuung und sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Lieber klein anfangen mit den Richtigen.
Ein ausgewogener Mix aus verschiedenen Abteilungen, Erfahrungsstufen und Persönlichkeiten ist ideal. Stell dir bei der Auswahl drei zentrale Fragen:
- Werte: Vertritt die Person die Unternehmenswerte glaubwürdig und positiv?
- Motivation: Hat sie wirklich Lust darauf und echtes Interesse an Kommunikation? Frag ruhig im persönlichen Gespräch nach den Beweggründen.
- Ziele: Passt die Person ins Gesamtziel, das du in Schritt 1 definiert hast? (Wenn dein Fokus z.B. Employer Branding ist, nimm gerne ein paar Juniors oder Azubis dazu. Für Thought Leadership wiederum bieten sich erfahrene Fachkräfte an.)
Bestehende Social-Media-Reichweite ist ein Plus, aber keine Voraussetzung. Die Inhalte sind es, die einen erfolgreichen Influencer ausmachen. Unterschätze also Newcomer nicht, und überschätze „LinkedIn-Prominenz“ nicht.
Und hab kein schlechtes Gewissen, wenn du nicht alle gleichzeitig nehmen kannst. Es ist völlig in Ordnung, freundlich zu sagen: „Danke für dein Interesse, aber wir starten jetzt erstmal im kleinen Kreis. Wir setzen dich gern auf die Warteliste für Runde 2.“ So fühlen sich Absagen wertschätzend an.
Schritt 5: Themen finden und Freiraum lassen
Worüber sollen deine Corporate Influencer eigentlich schreiben oder posten? Der wichtigste Rat aus der Praxis: Bilde keine Marketing-Roboter aus! Der Schlüssel liegt vielmehr darin, sie zu befähigen, ihre eigenen Geschichten zu erzählen.
Die richtigen Fragen stellen
Starte gerne mit einem gemeinsamen Positionierungs-Workshop für alle Teilnehmenden, bei dem diese Fragen geklärt werden:
- “Was sind deine Herzensthemen?”
- “Wofür brennst du beruflich?”
- “Wer ist deine Zielgruppe online?”
- “Was macht dich als Expertin oder Experten aus?”
Plötzlich merkt die Vertrieblerin, dass sie gern über Kundenbeziehungen schreibt, der Entwickler entdeckt, dass seine Tüftler-Tricks andere interessieren, und der Azubi möchte über seinen Lernalltag berichten. Genau diese Vielfalt willst du haben!
Tipps zur Themenfindung
- Vielfalt zulassen: Technik, Kundenerlebnisse, Einblicke hinter die Kulissen, Meinungen zu Branchentrends, Team-Events. Alles hat Platz.
- Mut zu persönlichen Tönen: Gerade LinkedIn liebt persönliche Geschichten mit Lerneffekt.
- Inhalt vor Perfektion: Lieber ein authentisches Handyfoto aus dem Arbeitsalltag als gar kein Post, weil man auf den professionellen Imagefilm wartet.
Freiraum fördert Kreativität. Wenn die Teilnehmenden das Gefühl haben, eigene Ideen einbringen zu dürfen, steigt die Begeisterung spürbar.
Schritt 6: Leitplanken statt Fesseln
Gerade am Anfang brauchen die Teilnehmenden Sicherheit. Gib ihnen deshalb klare, aber knappe Leitplanken mit auf den Weg. Das schafft Vertrauen.
Die Guidelines: Kurz und verständlich
Erstelle vor dem Start ein kurzes Guideline-Dokument (maximal 2 Seiten). Was sollte drinstehen?
- Do’s: Sei authentisch, sprich in deiner Stimme. Teile dein Wissen und deinen Arbeitsalltag. Reagiere auf Kommentare, bau dein Netzwerk auf.
- Don’ts: Keine Geschäftsgeheimnisse, vertraulichen Interna, sensiblen Zahlen oder abfälligen Äußerungen über Kunden, Kollegen oder Wettbewerber.
- Umgang mit Kritik: Immer professionell und sachlich bleiben, fürs Feedback danken und den Dialog suchen, wenn sinnvoll.
Idealerweise entwickelt man die Guidelines mit den zukünftigen Influencern zusammen.
Schulungen und Fehlerkultur
Biete Schulungen an: Von LinkedIn-Basics bis zu Storytelling und rechtlichen Grundlagen (z.B. Bildrechte). Eine wichtige unsichtbare Leitplanke ist die Fehlerkultur im Unternehmen. Mach allen Beteiligten, auch den Chefs, klar: Fehler können passieren und sind okay, solange wir daraus lernen.
Prominente Beispiele wie DATEV oder Deutsche Telekom investieren gezielt in die Befähigung ihrer Botschafter durch Schulungen und Community-Management. DATEV etwa hat interne Community-Coaches und sogar einen jährlichen Botschafter-Tag zum Erfahrungsaustausch.
Schritt 7: Erfolg sichtbar machen
Wie weißt du, ob das Programm funktioniert? Die Lösung: KPIs festlegen und Erfolge sichtbar machen. Dabei sollst du auf quantitative und qualitative Daten schauen, die zu den in Schritt 1 definierten Zielen passen.
- Quantitative KPIs: Anzahl der Beiträge, Gesamt-Reichweite (Views), Interaktionen (Likes, Kommentare, Shares), Wachstum der Follower-Netzwerke.
- Qualitative KPIs: Tonalität der Kommentare, gestellte Fragen, Feedback aus Bewerbungsgesprächen („Ich bin durch LinkedIn-Post XY auf Sie aufmerksam geworden.“).
Mache die Erfolge intern sichtbar, z.B. über ein Dashboard im Intranet mit monatlichen Updates.
Die Community pflegen
Pro-Tipp: Schaffe eine Community der Botschafter. Lass deine Corporate Influencer nicht allein arbeiten. Etabliere regelmäßige (virtuelle) Treffen oder einen eigenen Chat-Kanal (z.B. in Teams oder Slack), um schnelle Fragen zu klären und Erfolge zu teilen.
Einfach mal anfangen!
Ein Corporate-Influencer-Programm aufzubauen ist ein Marathon, kein Sprint. Aber der erste Schritt ist leichter als man denkt und er lohnt sich. Die besten Botschafter für dein Unternehmen hast du schon im Haus. Sie brauchen nur eine Bühne und einen kleinen Anstoß.
Sprich mit ein paar potenziellen Kandidat:innen bei einem Kaffee. Frag sie offen, was sie von der Idee halten, und hör gut zu. Ihr Feedback ist der beste Startpunkt für deine Reise. Und dann: einfach mal machen. Starte im Kleinen, lerne unterwegs und lass das Programm organisch wachsen.
In ein paar Jahren wirst du vielleicht zurückblicken und denken: „Warum haben wir damit so lange gewartet?“
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