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BGH-Urteil zu Influencer Marketing: Ist Influencer-Marketing Schleichwerbung?

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Wir beantworten die wichtigsten Fragen zum BGH-Urteil vom 09. September!

Influencer:innen sind aus der deutschen Medienlandschaft nicht mehr wegzudenken. Großen Influencer:innen folgen oft mehrere Millionen Interessierte. Dabei bleibt eine Einflussnahme der Influencer:innen auf ihre Follower:innen durch Werbung nicht aus. Nutzen doch viele Firmen die Internet-Stars, um ihre Produkte und Dienstleistungen möglichst authentisch und auf subtile Art an die Zielgruppe zu vermarkten. Diese Subtilität kann allerdings zum Problem werden, wenn Werbung nicht als solche gekennzeichnet wird. Denn dann handelt es sich um Schleichwerbung und die ist in Deutschland per Gesetz untersagt. Das Verbot von Schleichwerbung ist im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), im Telemediengesetz (TMG) und im Rundfunkstaatsvertrag formuliert.

Mehr zum Thema „Influencer-Marketing: Vorteile und Möglichkeiten“ findest du in unserem Artikel.

Influencer-Marketing und die Kennzeichnungspflicht

In den vergangenen Jahren gab es bundesweit regelmäßig Gerichtsverfahren zur Schleichwerbung in sozialen Medien.

2018 lautete das Urteil des Landgerichts Berlin: Influencer seien unter Umständen auch beim Präsentieren selbst gekaufter Produkte verpflichtet, ihre Posts auf Instagram nicht nur mit dem Profil des Herstellers zu verlinken, sondern auch mit dem Tag „Werbung“ zu kennzeichnen. (LG Berlin, Urteil vom 24.05.2018, Az.: 52 O 101/18).

Das Landgericht München I entschied 2019 im Gegenzug, dass Influencer sich im Sinne der Schleichwerbung nicht strafbar machen, solange sie ohne Gegenleistung agieren und im Rahmen ihrer Produkt-Posts auf Instagram zu den Herstellern verlinken (LG München I, Endurteil vom 29.4.2019, Az. 4 HKO 14312/18).

Kurz danach entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main, dass Influencer ihre Werbe-Posts auf Instagram zu taggen haben, da sie geschäftlich agieren, Absatz und Brand der präsentierten Produkte fördern, dafür eine Gegenleistung erhalten und letztlich sich selbstvermarkten (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 23.10.2019, Az. 6 W 68/19).

Alle Urteile ähneln sich, sind aber bisher Einzelfallentscheidungen. Allen Rechtsprechungen gemein ist: Influencer:innen handeln kommerziell. Was fehlt, ist eine einheitliche Rechtsprechung hinsichtlich der Kennzeichnungspflicht von Werbung, die damit eine klare Abgrenzung von redaktioneller Arbeit und kommerzieller Werbung schafft.

2021: Das BGH-Urteil zu Influencer-Marketing

Nun hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 9.9.2021, gleich mehrere Urteile in Sachen Influencer-Marketing gefällt. Die Gründe der Entscheidung liegen noch nicht vor. Alle Unklarheiten sind jedenfalls nicht beseitigt.

Konkret geht es dabei um die Fälle der Influencerinnen Cathy Hummels, Leonie Hanne und Luisa-Maxime Huss. Alle drei wurden wegen “unzulässiger Schleichwerbung” vom Verband Sozialer Wettbewerb abgemahnt. Schlussendlich landeten alle drei Fälle vor dem BGH, der nun seine Urteile gesprochen hat

Einschätzung zum BGH-Urteil

Wir haben den Experten für Online-Marketing-Recht Dr. Martin Schirmbacher nach seiner Einschätzung zum Urteil gefragt. Er erklärt uns die wichtigsten Aspekte und beantwortet uns die Frage, was das Urteil nun für uns als Werbetreibende bedeutet. 

Ist jetzt jeder Post erfolgreiche Influencer-Werbung?

In der Entscheidung hebt der BGH hervor, dass Postings von Influencer:innen auch Werbung in eigener Sache sein können. Ob eine Kennzeichnungspflicht vorliegt, erschließt sich aus bestimmten Umständen. Cathy Hummels hat 1,7 Millionen Abonnent:innen. Hieraus ergibt sich der Eigenwerbezweck. Insofern: Nein, nicht jeder Post ist als Werbung zu kennzeichnen. Was das für kleinere Influencer:innen bedeutet ist noch vollkommen offen. Gut möglich, dass diese ihre Posts als Werbung kennzeichnen sollten. 

Führt schon ein Tap Tag zur Kennzeichnungspflicht?

Der BGH hat entschieden, dass eine Kennzeichnungspflicht immer dann gegeben ist, wenn eine Gegenleistung erfolgt. Ohne Gegenleistung ist eine Kennzeichnung nur dann erforderlich, wenn der „Beitrag nach seinem Gesamteindruck übertrieben werblich ist“. Das ist der Fall, wenn der Post „ohne jede kritische Distanz allein die Vorzüge eines Produkts dieses Unternehmens in einer Weise lobend hervorhebt, dass die Darstellung den Rahmen einer sachlich veranlassten Information verlässt.“ Dafür reicht das freiwillige Anbringen von Tap Tags, laut BGH, nicht. Wer allerdings bei dem Instagram-Post zusätzlich Links anbringt, die zur Website des Unternehmens führen, wirbt bereits übertrieben und muss folglich kennzeichnen.

Wenn Influencer:innen für ein Posting, das ich in Auftrag gegeben habe, wegen Schleichwerbung „dran“ ist, trage ich mit meinem Unternehmen dann das Haftungsrisiko?

Neben dem oder der Influencer:in, der bzw. die zunächst selbst verantwortlich für seinen Kanal und für die Einhaltung geltenden Rechts ist, kommt auch eine Haftung des werbenden Unternehmens in Betracht. Nach dem UWG haftet auch der oder die Auftraggeber:in. Danach hat der Auftraggeber die Pflicht, für eine rechtmäßige Werbung zu sorgen. Vor Verstößen darf das werbende Unternehmen die Augen nicht verschließen. Insofern sind gute Verträge und auch eine gewisse Kontrolle wichtig. Wie das bei anderen Plattformen ist – etwa auf Twitter, wo Links völlig üblich sind –, bleibt weiterhin offen. 

Welche Tipps hast du für Auftraggeber:innen im Influencer-Marketing, um sich zu schützen?

Grundsätzlich ist einem Unternehmen zu raten, genau abzuwägen, ob und mit wem es eine Kooperation eingeht. Ferner sollten Influencer:innen gründlich über das geltende Recht aufgeklärt werden, um Missverständnisse zu vermeiden und Wissenslücken zu schließen. Zudem ist zu empfehlen, dass Unternehmen und Influencer:innen einen umfassenden Vertrag schließen. Dieser Vertrag sollte die geltenden Kennzeichnungspflichten (vorzugsweise „Werbung“ oder „Anzeige“), und zu präsentierenden Inhalte festlegen als auch die Pflichten der Influencer:innen und etwaige Leistungen des Unternehmens regeln. Auch sollte der Vertrag Haftungsfragen klären, die bei Nichteinhaltung der Vertragsinhalte durch den Vertragspartner entstehen können.

Fazit zum Influencer-Marketing-Urteil des Bundesgerichtshofs

Wie hilfreich dieses Urteil nun ist, darüber lässt sich streiten. Klar ist aber: Sobald Influencer:innen für das Präsentieren eines Produktes oder einer Dienstleistung eine Bezahlung (sachlich oder finanziell) von den Hersteller:innen bekommt, muss dieser oder diese den Post als Werbung kennzeichnen. Falls jedoch der oder die Influencer:in keine Gegenleistung erhält, ist es im Endeffekt immer noch Auslegungssache, ob ein Post als “übertrieben werblich” gilt oder nicht.

🎧 Falls du noch mehr Informationen und Expertenmeinungen zu dem Urteil hören möchtest, legen wir dir den HÄRTING.fm Podcast ans Herz. In Folge 18 spricht die Justiziarin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg, Stefanie Lefeldt, über die Werbekennzeichnung in sozialen Medien.

Solltest du jetzt noch Hilfestellung benötigen, findest du bei den Medienanstalten einen Leitfaden zur Werbekennzeichnung bei Online-Medien.

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