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ᐅ GA4 | Das neue Google Analytics | Trends & Einschätzungen nach 500 Tagen

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Seit dem 14. Oktober 2020 heißt die offizielle Version Google Analytics 4. In unserem ersten Expertenbeitrag zu Upgrade und Setup von GA4 haben wir am 05. Dezember 2020 neun Expertinnen und Experten zu einer ersten Einschätzung gefragt, wie Unternehmen sich jetzt auf die neue GA4-Property einstellen sollen. Am 27. Februar 2022 gibt es GA4 500 Tage. Wie hat sich die neue Google Analytics 4 (GA4) Property entwickelt? Welche neuen Features kamen in den letzten Monaten hinzu? Was sind die Trends und Updates rund um das neue Google Analytics? In diesem Artikel möchten wir dir zusammen mit 11 Web-Analytics-Expertinnen und -Experten gerne folgende Fragen beantworten:

Google Analytics 4 (GA4) Trends 

Wir haben 11 Expertinnen und Experten folgende vier Fragen zur Entwicklung von GA4 gestellt:

  • Frage 1 | Migration: Wie ist der aktuelle Stand in Unternehmen zur Migration, in welcher Phase befinden sie sich? Welche Erfahrungen hast du gemacht? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?
  • Frage 2 | GA4 im Einsatz: Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die nur noch mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für ihr Reporting nutzen und es intern als neue Analyse-Plattform verwenden?
  • Frage 3 | Features: Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?
  • Frage 4 | Datenmodell: Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Wir haben Interviews mit 11 internationalen Web-Analyse-Stars zum aktuellen Stand von GA4 in den Unternehmen geführt. Sie alle teilen ihre persönlichen Learnings und Blickwinkel nach 500 Tagen GA4 mit. Dazu gehören:

  • Simo Ahava dürfte weltweit der Top-Experte zum Google Tag Manager sein. Auf seinem Blog teilt er sein Fachwissen zu Google Analytics, zu GA4 und zum Google Tag Manager. Weiterhin ist Simo Google Developer Expert.
  • Michaela Linhart ist Wirtschaftsinformatikerin und betreibt die ANALYTICSkiste, einen der führenden Digital-Analytics-Blogs im deutschsprachigen Raum. 2020 wurde sie mit dem Analytics Pioneers Award ausgezeichnet.
  • Charles Farina ist der GA4-Superstar aus Amerika. Charles bloggt exzellent zu Google Analytics und Google Tag Manager.
  • Jeff Sauer ist einer der internationalen Top-Web-Analysten, Gründer von Data Driven, Agenturinhaber, Business Coach und Blogger bei Jeffalytics. In den letzten Jahren hat er über 100 Keynotes und Workshops in 20 Ländern gehalten.
  • Maik Bruns ist Geschäftsführer von Metrika, einer auf Webanalyse spezialisierten Agentur, die Unternehmen dabei hilft, mehr Profit durch Online-Marketing und Websites zu erzeugen. Seit Jahren ist er mit Googles Analytics, Tag Manager und Stack verbunden.
  • Marcus Stade ist Eigentümer der Firmen mohrstade und Inpignus GmbH. Auf seinem Blog beschäftigt er sich mit Themen der Datenerhebung auf Webseiten, in Apps und deren Verwendung. Er teilt sein Expertenwissen außerdem auf verschiedenen Konferenzen.
  • Christian Ebernickel ist Digital Analytics Consultant und berät Unternehmen verschiedener Branchen in Webanalyse. Für seine Lösung zur Auswertung von Personas mit Google Analytics wurde er 2017 mit dem Analytics Award ausgezeichnet.
  • Steen Rasmussen ist einer der Top-Web-Analysten in Skandinavien. Er schreibt sehr lesenswert auf seinem Blog IIH Nordic.
  • Demir Jasarevic ist Senior Tracking Specialist bei MediaMarktSaturn und im Bereich MarTech seit 2010 aktiv. Demir hatten ein tolles Blog zu Web-Analytics.
  • Alexander Holl ist Gründer der 121WATT und Web-Analyst der ersten Stunde. GA4 gehört neben SEO und Universal Analytics zu seinen Schwerpunktthemen. Alexander war von 2015 bis 2018 Referent an der Google Partner Akademie.
  • Markus Baersch ist Geschäftsführer der Gandke GmbH. Zu seinen langjährigen Kernthemen zählen neben SEM vor allem Digital-Analyse, serverseitiges Tagging und Tracking-Lösungen.

Was sind die wichtigsten Erkenntnisse aus unseren Interviews?

Google Analytics 4 Trends und Herausforderungen 2022

 

Trends & Einschätzungen nach 500 Tagen Erfahrung mit Google Analytics 4

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Simo Ahava im Interview

Simo Ahava ist ein anerkannter Experte für die Individualisierung von Webanalyse- und Tag-Management-Lösungen, um den gesamten „Lebenszyklus“ der Datenerfassung, -verarbeitung und -berichterstellung zu verbessern. Google hat ihn zum Google Developer Expert auf den Gebieten Google Analytics und Google Tag Manager ernannt. Simo ist Partner und Mitgründer von 8-bit-sheep und Simmer Auf seinem international beliebten Blog dreht sich ebenfalls alles um die Themen GA4, Universal Analytics und Google Tag Manager.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Ich arbeite nicht mehr so viel mit Kundinnen und Kunden zusammen, aber die wenigen, bei denen ich geholfen habe, hatten sehr erfolgreiche Migrationen. Die größten Probleme sind die fehlenden Funktionen, wie zum Beispiel. item-scoped custom dimensions für Elemente, Datenansichten und Subproperties sowie einige Integrationen.

Viele Unternehmen sind so abhängig von der Google-Welt (Google Stack), dass sie eigentlich keine andere Wahl haben, als das Upgrade zu machen. Ich glaube nicht, dass das ein besonders gutes Incentive ist, aber wahrscheinlich ist das gerade (fast) alternativlos.

Bei den Migrationen lassen wir das UA-Setup aufgrund der GA4-Unzulänglichkeiten natürlich weiterhin laufen. Außerdem habe ich es zum Eckpfeiler aller Setups gemacht, den BigQuery-Export so schnell wie möglich zum Laufen zu bringen. Auch wenn die explorativen Datenanalysen von Tag zu Tag besser werden, geht nichts über den Zugriff auf Rohdaten.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Universal Analytics ist nicht tot, es kann und sollte immer noch als eine Datenquelle verwendet werden, wenn möglich. Mit etwas wie Server-side Tagging (GTM) ist es recht einfach, einen geteilten Datenstrom innerhalb des Servers zu erzeugen.

GA4 ist genau das: ein Reporting-Tool, vorerst. Irgendwann werden wir hoffentlich mehr Tools für die eigentliche Analyse in der GA-Benutzeroberfläche haben, aber im Moment brauchst du wirklich BigQuery, wenn du sinnvolle Analysen durchführen willst.

Die GA4-Benutzeroberfläche (User Interface) ist nur für geübte Nutzer:innen anwendbar. Für andere im Unternehmen, die nur selten Datenanalysen brauchen und nicht von der verwirrenden Benutzeroberfläche überfordert werden wollen, ist der Export der Daten in Google Data Studio eine gute Strategie, um die Daten für die Analysen von Unternehmen zu nutzen.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Ich liebe die Tatsache, dass es nicht UA ist. Ich mag nicht, dass es versucht, wie Universal Analytics zu sein. Jedoch finde es gut, dass es sich fast ausschließlich um ein Datenmodell für Nutzer:innen und Ereignisse handelt (ähnlich wie bei anderen Produktanalysetools). Schade, dass Google versucht, die UA-Sitzung wieder ins Datenmodell zu integrieren, was in vielen Fällen zu schrecklichen Ergebnissen führt.

Ich finde es toll, dass der BigQuery-Export jetzt lizenzfrei ist, sodass auch freie Objekte diesen aktivieren können. Überhaupt nicht gut, ist die Tatsache, dass man fast unbedingt BigQuery benötigt, um mit dem Tool eine ordentliche Analyse durchführen zu können. Ich mag die Tatsache, dass es neu ist und eine tolle Zukunft hat, wenn man es richtig macht. Echt schade, dass es in einer so unfertigen Form veröffentlicht wurde.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Für Google liegen die Vorteile auf der Hand. Ohne eine integrierte Sitzungs-Aggregation sind weniger Berechnungen erforderlich, um Abfragen zu erzeugen. Das bedeutet, dass es höchstwahrscheinlich viel höhere Limits beim Sampling, langfristig weitaus mehr verfügbare Dimensionen zur Verfügung stehen und erheblich geringere Latenzzeiten (Reaktionszeiten) gibt. Abfragen werden in der Benutzeroberfläche viel schneller ablaufen als bisher.

Für die GA4-Anwender:innen bedeutet dies, abgesehen von den oben genannten Dingen, dass ihnen kein Datenschema, das für ihr Unternehmen möglicherweise nicht sinnvoll ist, aufgezwungen wird. Stattdessen erhalten sie einen Strom von Treffern und Benutzer-Aggregationen, die sie dann nach Belieben in ein Datenformat umwandeln können, das für ihr Unternehmen geeignet ist. Der Nachteil ist natürlich, dass dies Arbeit erforderlich macht. Google bietet definitiv auch vorgefertigte Schemata an. (Die Sitzungen sind schon zurück!)

Aber mit etwas Voraussicht, guter Planung und analytischer Arbeit kannst du mit GA4 Dinge tun, die du mit UA nie und nimmer realisieren könntest, zumindest nicht in der gleichen Größenordnung oder mit der gleichen Markteinführungszeit.

Michaela Linhart im Interview

Michaela Linhart betreibt einen der führenden Digital-Analytics-Blogs in DACH – die ANALYTICSkiste – und ist als freie Consultant für Digitale Analyse tätig. Davor betreute sie als Digital-Analytics-Consultant bei e-dialog, der größten österreichischen Spezialagentur für Performance-Marketing, vor allem Konzerne wie Magenta, A1 oder Red Bull unter Einsatz der Google-Marketing-Plattform und Google Analytics 360.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Viele meiner Kundinnen und Kunden haben bereits erfolgreich migriert oder die Migration ganz oben auf ihrer Task-Liste für 2022 stehen. Jene, die bereits migriert und meist (vor)schnell eine GA4-Property angelegt haben, stellten dann fest, dass GA4 dann doch anders ist, und haben sich Unterstützung geholt. Das finde ich ganz wichtig, denn GA4 bietet die Möglichkeit, das aktuelle Setup zu hinterfragen, sich (wieder einmal) von Altlasten zu befreien und ein ganz neues, zukunftsfähiges Tracking aufzubauen. Je durchdachter der Umstieg, umso besser die Daten. Einen Rollout-Plan hatten aber tatsächlich die Wenigsten. Das Motto lautet eher: „Einfach mal d’rauf los.“

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Ich denke UA ist noch nicht tot und wird auch in den nächsten ein bis drei Jahren nicht sterben. Wir werden weiterhin im Parallelbetrieb arbeiten, 2022 aber vermutlich eher noch mit Fokus auf Universal Analytics – sowohl was Analysen als auch Reporting betrifft. GA4 dient eher zur Datensammlung für die Zukunft. Das ist schade, denn GA4 kann schon sehr viel. Auf der anderen Seite fehlen einfach noch viele Basisfunktionalitäten. Nicht jede Analyse und jeder Report lassen sich (einfach) in GA4 nachstellen. Ich bin überzeugt, dass alles noch kommen wird, aber gut Ding braucht Weile – und deswegen weiterhin der Parallelbetrieb.

Womit GA4 jetzt schon punkten kann, ist mit BigQuery, sowohl für Analysen als auch fürs Reporting. Denn mit BigQuery erhält man die Google-Analytics-Rohdaten. Das ist genial.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

GA4 bekommt von mir ein Like für den Custom-Reporting-Bereich, explorative Datenanalysen und speziell die Custom Funnel. Ein zweites Like gibt es für den neuen Diagrammtyp Scatterplot, den GA4 sehr stark fokussiert und der auch in den Standardreports verfügbar ist. Scatterplots liefern definitiv viel schneller Insights als eine Datentabelle oder ein Liniendiagramm, jene Standard-Darstellungsvarianten aus Universal Analytics. Ein drittes Like gibt es für die Bibliothek und die Möglichkeit, die Berichte-Navigation komplett für sich zu individualisieren.

Ein Dislike bekommt GA4 für fehlende Basisfunktionalitäten. In den Datentabellen fehlt beispielsweise pro Zeile der prozentuale Anteil zum Gesamtanteil. Das erschwert Analysen. Außerdem fehlt die Dimension Landingpage. Klar können die Seiten, die session_start initiiert haben als Landingpages analysiert werden, aber in Universal geht es einfacher. Es gibt also mehrere Punkte, wo man dann doch immer wieder zurück nach Universal springt, weil gewisse Basisinformationen fehlen oder in Universal leichter zu analysieren sind.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Ich würde beiden erklären, dass GA4 deutlich flexibler ist als Universal.
Entwickler:innen: Schon das gtag (Basistracking Tag) ist flexibler, weil es sowohl für GA4 als auch alle anderen Google-Produkte eingesetzt werden kann. Das Tracking in der Google-Welt wird mit dem gtag vereinheitlicht und damit vereinfacht. Und auch das Event-basierte Datenmodell ist deutlich flexibler, da einheitlich für alle Hit-Typen, die es in Universal gab.

Damit ergibt sich auch der große Vorteil für Business und Marketing: Flexibilität in der Datenanalyse, weil nicht mehr darauf geachtet werden muss, welche Dimension und welche Metrik welchem Hit-Typ entspricht. In Universal können nämlich nicht alle Dimensionen und Metriken miteinander analysiert werden, weil sie technisch anders erhoben wurden. Dieses Problem gibt es in GA4 nicht mehr, weil jede User-Interaktion ein Event ist. Sogar ein Pageview ist ein Event. Das vereinfacht die Tool-Anwendung und letztlich die Datenanalyse.

Charles Farina im Interview

Charles Farina ist Head of Innovation bei Adswerve, einem der Top-Beratungsunternehmen, das mit Agenturen, Analysten und Vermarktern auf allen Ebenen zusammenarbeitet, um das gesamte Spektrum der Google Marketing Platform und Google Cloud zu erschließen. Er verfügt über umfassende Erfahrung mit Google Analytics und hat weltweit Hunderte von Google Analytics 360-Implementierungen und -Schulungen für Unternehmen wie GoPro, Starbucks und Glassdoor durchgeführt. Er wurde mit einem Award of Excellence für seine Beiträge zur Google Analytics Partner Community ausgezeichnet. Charles ist auch einer der führenden Contributoren rund um GA4-Properties auf Measure Slack. Absolut empfehlenswert für alle GA4-Interessierten ist sein Blog. Charles war leider stark in andere Projekte eingebunden. Er liefert eine wertvolle Antwort auf folgende Frage:

Wofür gibst du GA4 ein Like oder ein Dislike?

Ich bin wirklich begeistert vom Potenzial der anpassbaren linken Navigation (8Bibliothek). Die Möglichkeit, die Standardberichte zu ändern und benutzerdefinierte Gruppen von Berichten zusammenzustellen, gewährleistet ein Maß an Personalisierung, das wir bisher noch nicht hatten. Hoffentlich werden wir bald Erweiterungen erhalten, die es uns ermöglichen, unterschiedliche Erfahrungen für verschiedene Benutzergruppen zu schaffen, wie zum Beispiel für Paid-Media-, Social- oder E-Mail-Teams.

Demir Jasarevic im Interview

Demir Jasarevic ist Senior Tracking Specialist bei MediaMarktSaturn und seit 2010 im Bereich MarTech aktiv. Sein Fokus liegt auf Webtracking, Web-Analytics sowie technisches und internationales SEO. Im Webtracking- und Web-Analytics-Bereich nutzt er primär Google Tag Manager und Google Analytics. JavaScript und SQL gehören ebenfalls zu seinen Skills. Demir hat ein tolles Blog zu Web-Analytics.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Wir haben noch nicht komplett migriert, sondern sind noch mittendrin. Die Migration an sich ist ja auch ein guter Zeitpunkt nochmal das, was man in Universal Analytics hat, zu hinterfragen, ob man tatsächlich noch zum Beispiel alle Daten, Events oder Custom Dimensions braucht. Man kann sozusagen gleichzeitig „aufräumen“. Hinzu kommen die unterschiedlichen Datenmodelle beider System (UA vs. GA4), wo man ja sowieso gezwungen ist, sich intensiver Gedanken machen zu müssen, bevor man schnell loslegt. Bezüglich der Vorgehensweise haben wir entsprechend viel Zeit in die Planung und Konzeption des GA4-Setups investiert. Wir haben einen Rollout-Plan definiert, dass wir mit einem Basis-Tracking-Setup starten (zunächst nur die wichtigsten GA4-Events) und dann nach und nach weitere wichtige Events aus UA migrieren. Aktuell versuchen wir zusammen mit Teams Business Use Cases zu definieren, um sie dann in GA4 implementieren zu können und somit die Migration weiter voranzutreiben.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Universal-Analytics (UA) ist bei uns weiterhin das führende System, GA4 wird parallel eingesetzt. Wir bereiten uns jedoch schon vor und machen uns auch hier intensiv Gedanken, was wir alles umstellen müssen, zum Beispiel Dashboards, Reportings oder Connectoren, und wie wir demnächst UA ablösen wollen.

Wofür gibt du GA4 ein Like oder ein Dislike?

Ein Like gibt es definitiv für die BigQuery-Verknüpfung, sodass GA4-Rohdaten jetzt auch für Standard-Properties verfügbar sind.
Ein Dislike gibt es für noch fehlende Features, wie beispielsweise customTask.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Entwickler:innen würde ich als Vorteil nennen, dass die Implementierung von Events einfacher ist. Man muss sich nicht mehr Gedanken über die Hit-Types machen und über das Enhanced Measurement können zudem Events ohne weitere Code- und Tag-Implementierungen aktiviert werden.
Entscheider:innen (Business/Marketing) würde ich sagen, dass sie mit GA4 durch die Verknüpfung von App und Web (sofern richtig implementiert) umfangreiche Zielgruppen erstellen können, um unter anderen den Ad Spend zu optimieren.

Jeff Sauer im Interview

Jeff Sauer ist der Gründer von Data Driven, Agenturinhaber, Business Coach, Blogger bei Jeffalytics und nach vier Jahren auf Reisen kürzlich pensionierter Digital Nomad. Jeffs Arbeit, die fest an datengesteuertes Marketing glaubt, wurde in vielen Branchenpublikationen und Best-of-Listen vorgestellt. Mehr als 15.000 Digital Marketer:innen haben an seinen Google-Zertifizierungsprogrammen teilgenommen. Jeff hat über 100 Keynotes und Workshops in 20 Ländern gehalten.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Ich war kürzlich auf einer Analytics-Konferenz mit mehr als 150 Teilnehmer:innen im Saal. Ein Redner stellte die Frage: „Wie viele von Ihnen verwenden GA4 als primäres Analyse-Tool?“ Zwei Teilnehmer:innen meldeten sich. Das bestätigt meine Annahme, dass 1 % der Welt vollständig auf GA4 umgestiegen ist. Allerdings gehe ich davon aus, dass diese Zahl bis Ende 2022 eher bei 30 bis 40 % liegen wird, wenn nicht sogar noch höher. Um zu dieser Entwicklung zu kommen, braucht es einen entscheidenden Dreh- und Angelpunkt: Funktionsparität. Die grundlegende Architektur von GA4 ist besser als die von Universal GA – moderner, schlanker und zukunftsorientierter. Aber in Funktionsparität und Einfachheit im Reporting bleibt GA4 signifikant hinter Universal Analytics zurück. Erst wenn GA4 hier nachzieht, ist es ein ernstzunehmendes „Analyse-Tool“.

Das erinnert mich an den Übergang vom klassischen GA (GA2) zu Universal Analytics (GA3) in den Jahren 2012 und 2013. Während Universal Analytics heute als großartiges Tool gelobt wird, vergessen wir oft, dass die Einführung bei der Umstellung von Classic gar nicht so toll war. Zunächst einmal wurde Universal ein ganzes Jahr vor seiner Verfügbarkeit angekündigt. Im Gegensatz zu GA4, das verfrüht angekündigt wurde. Die Uhr für GA4 begann also viel zu früh zu ticken. Nachdem Universal dann verfügbar war, wurde der Upgrade-Prozess von fast allen Benutzern ignoriert. Ich erinnere mich, dass ich damals (2012) meinen Studenten geraten habe, erst einmal Universal zu ignorieren, bis es fertig war. Der ganze Prozess dauerte 2 bis 3 Jahre. Dann gab es einen entscheidenden Moment: Google migrierte die Anwender automatisch auf das damals neuen Universal Analytics und am Ende ist nichts passiert.

Ich glaube nicht, dass das mit GA4 passieren wird, aber ich denke, dieser kleine Rückblick hilft, die beiden Produkte zu vergleichen. Universal brauchte 3 Jahre, um fertig zu werden. GA4 ist 500 Tage alt. Wir haben weitere 500 Tage Zeit, um die Einführung vollständig zu beurteilen. Es ist offensichtlich, dass von der erfolgreichen Einführung von Universal GA keine Googler übrig geblieben sind, sonst wären wir jetzt noch in einer privaten Beta und hätten nicht mit einer zu frühen GA4-Lösung zu tun.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Wenn ein Unternehmen GA zum ersten Mal installiert, rate ich ihm, UA „light“ zu installieren, das heißt nur das Nötigste zu tun, um Backup-Berichte zu erhalten und nicht in eine intensive Installation zu investieren. Es ist nicht tot, aber es stirbt einen langsamen, schmerzhaften Tod. GA4 wird nicht verschwinden. Es ist die Zukunft. Ich würde allen raten, in die Erfassung von GA4-Daten zu investieren. Rückblickend wirst du es nicht bereuen. GA4 sollte die meisten Anforderungen, besonders im Reporting, bis Ende 2022 erfüllen, vielleicht sogar schon früher.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Ich finde es toll, dass GA4 ein so dramatisches Umdenken in Sachen Web- und Marketing-Analyse bedeutet, dass ich von Natur aus dazu neige, eine so große Veränderung in meinem Leben nicht zu mögen. Sobald man den anfänglichen Widerstand gegen etwas Neues überwunden hat, erkennt man, dass Veränderungen gut sein können, und man sieht die coolen Dinge, die man tun kann.

Die explorativen Datenanalysen sind das nächste Level. Die BigQuery-Integration hat Potenzial. Auch die Modernisierung des Datenmodells ist sehr hilfreich.
Was ich gar nicht mag, ist die Art und Weise, wie es eingeführt wurde. Google hat aus der Marketing-/PR-Perspektive bei der Einführung bis zu diesem Punkt alles (!) falsch gemacht. Hätten sie eine zurückhaltendere Marketing-Botschaft gehabt, würden wir uns jetzt alle auf GA4 freuen, wenn es die private Beta verlässt.
Ich mag es nicht, dass Google seine treuen Nutzer:innen nicht gut behandelt, vor allem, wenn eine Produkteinführung nicht optimal ist. Jeder kennt Google. Vor 10 Jahren hatte GA eine echte, der Öffentlichkeit zugewandte Führung. Heute lebt das Produktmanagement von seinem Ruf, nicht von seinen Verdiensten.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Der Hauptvorteil für Techniker:innen ist der Zugang zu BigQuery. Die Möglichkeit, Daten nahezu in Echtzeit abzurufen und gleichzeitig Daten auf eine einfache Weise abzufragen, ist für Analyst:innen und Data Scientists extrem leistungsstark. Das ist toll und dazu noch kostenlos. Das ist ein Upgrade für Entwickler:innen. Nicht-technischen Menschen erzähle ich nichts von den Vorteilen des ereignisgesteuerten Datenmodells, weil es sie wahrscheinlich nicht interessiert, zumal es auf Kosten der Benutzerfreundlichkeit der Schnittstelle geht.

Wenn man aber nachfragen würde, was ich als die Vorteile von GA4 für Business-Stakeholder:innen sehen würde, würde ich die folgenden Vorteile nennen: Sie sammeln aussagekräftigere Daten, während sie gleichzeitig die Privatsphäre ihrer Nutzer:innen besser respektieren und es einfacher machen, das Tracking in Zukunft zu aktualisieren. Die neue Version von GA wurde fürs Mobile-First-Web entwickelt, nicht für das klobige Desktop-Web Mitte der 2000er Jahre. In 15 Jahren hat sich viel verändert, und dies ist die Zukunft.
Die neuen Reporting-Funktionen und die Anpassungsmöglichkeiten der Benutzeroberfläche machen den Einsatz von Drittanbieter-Tools zur Datenauswertung überflüssig, sodass sich ihr Aufwand verringern kann.

Maik Bruns im Interview

Maik Bruns ist Geschäftsführer von Metrika, der auf Webanalyse spezialisierten Agentur, die Unternehmen dabei hilft, mehr Profit durch Online-Marketing und die Website zu erzeugen. Seit Jahren ist er mit Google Analytics, dem Tag Manager und dem Google Stack verbunden. Sein breites Hintergrundwissen aus Marketing, Technik und Analyse sind bei der Website-Optimierung immer wieder gefragt und mit seiner Art hat er schon viele Menschen in Unternehmen für Webanalyse begeistert, nicht zuletzt auch durch seinen Podcast „Die Sendung mit der Metrik“. Mit seinem Wissen bringt er in Unternehmen Lösungen nicht nur für Tracking-Probleme aller Größenordnungen auf den Tisch, sondern sorgt vor allem für die Entwicklung der Unternehmen hin zu Daten-beeinflussten Unternehmen.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Einige unserer Kundinnen und Kunden im Mittelstand setzen bereits GA4 ein. Die Regel ist allerdings in Begleitung von GA3 (Universal Analytics). Das liegt letztlich daran, dass GA4 nach wie vor einige wichtige Funktionalitäten fehlen.
Bei neuen contentlastigen Projekten kommt es mitunter schon intensiver zum Einsatz. Im E-Commerce-Bereich allerdings bisher so gut wie gar nicht. Denn es geht ja nicht nur darum ein neues Tool zu etablieren, sondern dieses auch noch nutzbar für die Website-Betreibende zu machen. Und dazu gehört mehr, wie zum Beispiel ein vernünftiges Training für Mitarbeiter:innen, Zeit für Einarbeitung und Planung. Unsere Empfehlung lautet in der Regel zunächst einen Parallelbetrieb von GA3 und GA4 vorzunehmen, wenn GA4 bereits ein Thema ist. Und das selbst bei Neuinstallationen.

Als Agentur sehen wir, dass GA4 größere Potenziale hat, in sinnvoll definierten Tracking-Plänen und nicht in der 1:1-Kopie des GA3-Trackings. Leider können vielen Unternehmen dieses Potenzial nicht ausschöpfen, denn für neue Tracking-Konzepte aktuell keinerlei Priorisierung möglich. Zumal bei bestehender und funktionierender GA3-Installation die Notwendigkeit oft sofort nicht gesehen wird. Insbesondere, wenn am bestehenden Tracking nicht nur das Tool selber hängt, sondern mitunter auch Reports oder Dashboards.

Bei den Unternehmen, die GA4 installiert haben, bemerken wir, dass häufig das Verständnis für Metriken und die Wirkung der Dinge nicht unmittelbar gegeben ist. Speziell dann, wenn zuvor GA3 im Einsatz war. Da hat sich doch auch „unter der Haube“ bei GA4 einiges getan. Demzufolge müssen Unternehmen intern erstmal Wissenslücken stopfen und neue Auswertungsmöglichkeiten schaffen.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Universal Analytics ist noch lange nicht tot. Nur weil es nicht weiterentwickelt wird, ist es derzeit nicht weniger sinnvoll, damit zu arbeiten. Natürlich ist das Bessere der Feind des Guten. Das bedeutet, auf lange Sicht wird sich GA44 sicherlich durchsetzen. Speziell, weil Google selbst die neuen Implementierungen in Richtung GA4 forciert und auch alle Entwicklerressourcen bei Google Analytics dort ihren Schwerpunkt haben. Dennoch liegt in bestehenden GA3-Installationen immer noch enormes Potenzial, das bei weitem nicht von unserer Unternehmensklientel ausgeschöpft wird. Viele Anbindungen von außen können sehr gut mit GA3 umgehen, bei GA4 noch nicht.

Das bedeutet: Unternehmen, die mit Universal Analytics bereits vernünftige installiert haben, das Tool verstehen und daraus weiterhin Insights generieren, sind inhaltlich oft weiter als diejenigen, die GA4 blindlings installieren und ohne guten Plan leider keinen Wert daraus schöpfen können. Auch GA4 ist kein Tool, dass alles besser macht. Nur kombiniert mit der unternehmerischen Einstellung zu erzeugten Daten kann etwas Besseres entstehen – auf Dauer. Nicht zu vergessen, dass viele Features, die in GA3 sehr sinnvoll eingebunden waren, derzeit immer noch in GA4 fehlen. Derzeit ändert sich das Produkt noch recht häufig. Es fühlt es sich wie eine bessere Beta-Version an.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Es gibt mehrere Dinge, die ich an GA4 mag. Unter anderem das neue Datenmodell, das wesentlich auf Ereignissen beruht und dadurch insgesamt grundlegend intuitiver ist als bei Universal Analytics. Auch lassen sich Daten besser kombinieren. Außerdem finde ich die neuen Auswertungsmöglichkeiten im Tool sehr gut, wie Streudiagramme und die mögliche Zusammensetzung der Messwerte und Dimensionen. Zudem hat man ein ganzes Stück mehr Flexibilität hineingebracht, zum Beispiel bei der Definition von Conversions. Wenn man erstmal verstanden hat, wie das funktioniert, ist es eigentlich sogar kinderleicht. Auch die Anpassungsfähigkeit und die Möglichkeit, sich eigene Reports zusammenzubauen, schätze ich sehr.
Vorteil als auch Nachteil ist die höhere Flexibilität bei der Gestaltung der Datenpunkte selbst. Ein gesendetes Ereignis kann nun sehr viele verschiedene Informationen tragen. Diese müssen aber auch durchdacht sein und konsequent genutzt werden.

Natürlich gibt es ein paar andere Dinge, die ich an GA4 nicht so gerne mag: Das Tool hat eine größere technische Hürde für viele Unternehmen einzusteigen – auch wenn man vermeintlich sogar „leichter“ messen kann, wie durch die optimierten Analysen. Ich bin dahingehend kritisch. Denn das, was bei den optimierten Analysen mehr oder weniger automatisch zusätzlich gemessen werden kann, hat meiner Meinung nach, nur einen schwachen Wert für Analyse. Im Grunde ist es ein Shiny Object für ernstzunehmende Analysen.
Außerdem ist es für viele noch etwas „schwierig“, dass es recht wenige vorgefertigte Berichte ähnlich zu GA3 gibt. Denn das vermissen Otto-Normal-Nutzer:innen durchaus, wenn sie erstmals mit GA4 in Kontakt kommen.

Man darf auch nicht vergessen, dass viele Nutzer:innen eben nicht das gleiche Level haben wie ein Web-Analyst oder jemand aus einer Agentur, die sich tagtäglich mit diesen Dingen beschäftigen. In Daten-informierten Unternehmen ist es aber wichtig, möglichst vielen die Gelegenheit zu geben, ebenjene Daten zu verstehen.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Wir müssen in der Regel nicht Entwickler:innen, sondern Entscheider:innen und Marketing-Mitarbeiter:innen die Vorteile oder eben auch die Nachteile eines Tracking-Tools erläutern. Der größte Vorteil der neuen Implementierung liegt darin, dass ein Ereignis-Treffer nicht mehr nur drei Ereignis-Parameter (Ereigniskategorie, Ereignisaktion, Ereignislabel) plus einen möglichen Ereignis-Wert mitgeliefert bekommen kann und dass die Parameter in deutlich größerer Anzahl einem einzelnen Ereignis zugeordnet sind. Dadurch sind wir natürlich viel besser in der Lage, einen einzelnen Treffer nach verschiedenen Kriterien zu klassifizieren und ihn sinnvoll für Erkenntnisse auswerten zu können. Das setzt natürlich auf der anderen Seite voraus, dass auch die Daten entsprechend bestückt werden. Und das bedeutet meistens mehr Arbeit, für Entwickler:innen als auch für die Auswertung.

Marcus Stade im Interview

Marcus Stade ist Eigentümer der Firmen mohrstade und Inpignus GmbH. Auf seinem Blog beschäftigt er sich mit den Themen der Datenerhebung auf Webseiten, in Apps, und deren Verwendung. Er teilt sein Expertenwissen außerdem auf verschiedenen Konferenzen.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Auch wenn Google Analytics 4 nun der Standard in der Google-Analytics-Welt ist, so ist die Transformation auf Business-Seite, die Google Analytics 4 benötigt, in vollem Gange, Aktuell wird weiterhin auf Universal Analytics als führendes System gesetzt, mit paralleler Einführung von GA4.
Aus meiner Sicht gibt es dafür unter anderem folgende Gründe:

  • Features: Obwohl Google Analytics 4 bei einigen Features Universal Analytics weit überlegen ist (zum Beispiel Predictive Audience, Explorations), sind entweder wichtige Features noch nicht verfügbar oder noch in einer zu frühen Phase für einen produktiven Einsatz. So befindet sich beispielsweise die Verknüpfung von Google Optimize mit GA4 und das Measurement Protocol in einem Beta-Status.
  • KPIs: Mit Google Analytics 4 wurden Metriken ersetzt, wie die Bounce Rate durch die Engagement Rate. Ebenso wurden die Definition bestimmter Metriken geändert, beispielsweise Sessions. Auch mit Hinblick auf das App-Tracking ist dies sinnvoll, stellt aber Unternehmen vor eine besondere Herausforderung, da in vielen Reports die bisherigen Metriken verwendet werden. Durch die Ersetzung oder Neudefinition kommt es bei einem Wechsel auf GA4 zu einem Bruch im Datenverständnis, denn Sessions in GA4 sind plötzlich nicht mehr die Session, die aus Universal Analytics bekannt waren.
  • Prozesse: Für den Umstellungsprozess ergeben sich daher zwei Aufgaben, die zeitaufwändig sind: Nutzer:innen von Reports oder Stakeholder:innen müssen mit den neuen KPIs umgehen lernen, sodass intern ein hoher Schulungsaufwand notwendig wird. Durch die neuen Metriken müssen die in Universal Analytics genutzten KPIs für GA4 neu evaluiert und getestet werden.
  • Analyse-Skills: Mit GA4 werden durch Features wie dem BigQuery-Export neue Skills benötigt, um das volle Potenzial von GA4 nutzen zu können. Der Umgang mit GA4-Daten in BigQuery ist ebenfalls in vielen Unternehmen ein Thema, das sich im Aufbau befindet. Viele Unternehmen lernen gerade erst, die technische Implementierung fürs Business zu nutzen und das Potenzial der Rohdaten-Analyse zu erkennen.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Universal Analytics ist nicht tot und wird weiterhin gern verwendet. Wie erwähnt, wird GA4 noch oft im Parallelbetrieb eingesetzt, um den Umstellungsprozess vorzubereiten. GA4 wird häufig führendes System durch seinen BigQuery-Export, da die Metriken in der vom Unternehmen und nicht Analytics-Built-in-definierten Art analysiert und in Dashboards verwendet werden können.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

GA4 hat sich im Laufe der letzten Monate zu einem würdigen Nachfolger von Universal Analytics entwickelt, sodass die Eingrenzung der Likes schwer ist. Aber insbesondere der BigQuery-Export hat viele Unternehmen in der digitalen Analyse auf ein anderes Niveau gehoben. Zudem sind auch die Built-in-Machine-Learning-Features wie Predictive Audiences und Data-Driven Attribution sehr wertvoll.

Dislikes sind für mich aktuell wichtige fehlende Features wie zum Beispiel ein anpassbares Channel Grouping. Diese Features werden aber sicher noch kommen.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Entwickler:innen mögen normalerweise Rohdaten, daher ist der BigQuery-Export ein wichtiger Punkt bei GA4.

Auf Entscheider:innen-Ebene sind eher die Machine Learning Features wie Predictive Audiences oder Data-Driven Attribution interessant. Diese Features ohne großen Aufwand zu nutzen und mit internen Modellen zu vergleichen, ist sehr wertvoll. Google Analytics 4 deckt hier Themen ab, die meist keiner Erklärung bedürfen, da das Problem bekannt ist und ein Lösungsansatz geboten wird, der allerdings immer wieder geprüft und verglichen werden sollte.

Christian Ebernickel im Interview

Christian Ebernickel ist freiberuflicher Digital-Analytics-Consultant und berät Unternehmen verschiedenster Branchen in Webanalyse. Seine Schwerpunkte liegen in der Konzeption und Umsetzung umfangreicher Tracking-Setups mit Google Analytics und Google Tag Manager, Audits und Troubleshooting. Für seine Lösung zur Auswertung von Personas mit Google Analytics wurde er 2017 mit dem Analytics Award ausgezeichnet.
In seinem Blog schreibt er einen lesenswerten Beitrag zu Server-side Tagging (GTM).

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Die Unternehmen, für die ich tätig bin, legen den Fokus weniger auf die Frage, ob man GA4 oder Universal Analytics einsetzen soll. Viel mehr steht die Herausforderung im Raum, wie man trotz Tracking Preventions und datenschutzrechtlicher Herausforderungen ein stabiles und zukunftsfähiges Tracking-Setup realisieren kann. An dieser Stelle tritt in vielen Fällen der Server-side Tagging (GTM) auf die Bühne. Dort wird aus Kompatibilitätsgründen ein GA4 Data Stream verwendet, weil dieser unter anderem den Vorteil hat, dass damit sowohl Universal Analytics als auch GA4 versorgt werden können. Praktisch bedeutet das, dass wir gerade vielfach einen Parallelbetrieb von Universal Analytics und GA4 sehen, wobei UA noch immer das Produktivsystem ist. GA4 läuft mit und wird für das Sammeln erster Erfahrungen, den Aufbau von Know-how sowie einer Datenhistorie genutzt.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Universal Analytics ist keineswegs tot. Keiner meiner Kundinnen und Kunden arbeitet bereits ausschließlich mit GA4. Eher im Gegenteil: Man ist zwar sehr an GA4 interessiert, vermisst aber noch eine Menge an Funktionalitäten, insbesondere im E-Commerce-Bereich. Ich könnte mir vorstellen, dass in 2023 die ersten größeren Unternehmen produktiv auf GA4 wechseln. In 2022 sehe ich das eher nicht. Nicht nur, weil ich skeptisch bin, ob Google die funktionalen Lücken in diesem Jahr ausreichend schließen wird, sondern auch weil eine effektive Nutzung von GA4 meist mit größeren Anpassungen im Tracking-Setup einhergeht. Das sind Aufgaben, die Unternehmen auch rein kapazitiv erst einmal stemmen müssen.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Dem Debug-Modus von GA4 gebe ich ein klares Like. Das ist deutlich besser als alles, was in UA zur Verfügung steht.

Kritisch schätze ich das Thema Berechtigungskonzepte ein. Das Fehlen von Datenansichten führt dazu, dass Nutzer:innen auf Property-Ebene Zugriff auf die GA4-Daten gegeben werden muss. Es ist also nicht möglich, einzelnen Nutzer:innen Zugriff nur auf Teilbereiche der Daten zu gewähren. Kurz: Jeder mit Zugriff auf eine GA4-Property sieht alles. Das ist insbesondere in komplexeren Unternehmensstrukturen nicht immer gewünscht und stellt auch eine Herausforderung für die Zusammenarbeit mit externen Partnern wie Agenturen dar.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Aus technischer Sicht gibt uns das neue Datenmodell eine höhere Flexibilität in der Data Collection und der nachfolgenden Analyse.
Aus Sicht der Entscheider:innen könnte man zwar auch für die Flexibilität des Datenmodells argumentieren. Entscheidend finde ich auf dieser Ebene aber etwas Anderes: GA4 wird vermutlich das führende Webanalyse-System der Zukunft werden. Alle weiteren maßgeblichen Weiterentwicklungen werden nicht in UA, sondern in GA4 stattfinden. Das bedeutet, dass ich als Entscheider einen Plan brauche, wie und wann ich GA4 im Unternehmen einsetzen will, um technologisch nicht den Anschluss zu verpassen.

Alexander Holl im Interview

Alexander Holl ist Gründer der 121WATT GmbH und seit mehr als 20 Jahren in der Branche tätig. Als ehemaliger Direktor bei AltaVista und Yahoo kennt er die Suchmaschinen-Branche von Beginn an wie kaum ein zweiter in Deutschland. Bevor er die 121WATT gründete, war er Geschäftsführer der Kalaydo, dem Kleinanzeigen-Portal der Verlagsgruppe Ippen und der Rheinischen Post. Alexander bloggt umfangreich zu SEO, Universal Analytics und GA4. Er berät und schult unter anderem Unternehmen wie Telekom, Otto, Jochen Schweizer, Deutsche Bahn, Süddeutsche, Allianz oder HolidayCheck. Von 2015 bis 2018 war er Trainer an der Google Partner Academy und ist seit 2020 Gastreferent zum Thema Daten an der Universität in Luzern. Er ist eines der Gesichter der deutschen Digital-Szene. Mehr zu ihm findest du auch auf LinkedIn.
In seinem Blog schreibt Alexander zu den Updates 2021 von GA4 und wie sich Anpassungen im Reporting über die Mediathek vornehmen lässt.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Wir haben einige Unternehmen mit Know-how zur Migration von GA4 unterstützt. Fundamental kann ich drei Erfahrungen mitteilen. Gerade weil GA4 ein komplett neues Webanalyse-System auf einer neuen technischen Basis und mit einem neuen Datenmodell ist, finde ich es wichtig, drei Aspekte auf dem Bildschirm zu haben.

  • Professionalität: Ein vernünftiges Setup in GA4 erfordert einen deutlich höheren Planungsaufwand. Das ist mühsam, ist aber am Ende vielleicht der Prozess, den viele Web-Analysten immer gerne gehabt hätten. Die Planung sollte bei den fundamentalen Outputs, die man sich aus der Analyse von Daten erhofft, und nicht bei der technischen Implementierung beginnen.
  • Business Requirements: Das Fundament für eine erfolgreiche und nachhaltige Implementierung ist ein gut strukturierter Prozess. Man sollte daher mit einem (1) Audit der bestehenden Universal-Analytics-Implementierung starten. Aus diesem Audit gilt es dann Schlüsse zu ziehen, was in der Vergangenheit gut und nicht so gut lief. Das liefert die Grundlage für (2) Business Requirements, (3) den technischen Implementierungsplan, (4) die Implementierung und vor allem auch (5) für die Planung von Know-how-Aufbau in Unternehmen.
  • Clean-up: Weniger ist mehr. Ein weiteres Learning ist, Bottom-up (Universal-Analytics-Audit) und Top-down (Business-Requirements) zu planen, sich also von Altlasten zu trennen. Eigentlich geht man wie bei einem Wohnungsumzug vor. Die Umzugs-Checkliste der Deutschen Post hat mich dazu inspiriert. :) Hier ein paar Tipps, wenn du umziehst, die aber glaube ich fast 1:1 für die GA4-Migration umsetzbar sind:
    1. Aufräumen: Aus den Augen, aus dem Sinn: Welche Ziele hast und verwendest du? Welche angelegten Ereignisse brauchst du wirklich? Frage im Unternehmen, welche Metriken, Ereignisse, Ziele und Berichte bei dir wirklich zur Anwendung kommen.
    2. Vielleicht-Kiste einrichten: Falls du dich von Implementierungen nicht trennen kannst, packe diese in eine „Vielleicht-Kiste“. Damit aber nicht alles darin landet, entscheide dich für eine „kleine Kiste“.
    3. Bewusstmachen: Du kannst auch in GA4, Implementierungen (Ereignisse, Ziele) von denen du dich getrennt hast, später implementieren.
    4. Ausmisten als Chance: Überlege dir, wie einfach und übersichtlich deine neue GA4-Implementierung aussehen könnte.
    5. Was brauche ich wirklich? Überlege dir ein Minimum-Setup, was wirklich für dich wichtig ist und mache dir einen Plan, ob und wann du was aus der Vielleicht-Kiste wieder herausholst, nach bestimmten Kriterien bewertest und implementierst.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Ich habe ein Unternehmen kennengelernt, das komplett auf GA4 migriert hat und seine alte Universal-Analytics-Implementierung abgelöst hat (ohne Parallelbetrieb). Bitte auf keinen Fall, Universal Analytics immer im Parallelbetrieb halten. Auch bei einer komplett neuen Integration immer GA4 und Universal Analytics implementieren. Ich kenne kein Unternehmen, das Reporting in GA4 macht. Der Reflex geht immer zuerst zum gewohnten Reporting in Universal Analytics. Mein erster Schritt wäre es, die fünf wichtigsten Berichte aus Universal Analytics in GA4 zu migrieren und parallel zu analysieren. Da die Metriken wie Sitzungen leicht andere Definitionen haben, werden die Daten nicht übereinstimmen. Das sollte nicht nervös machen.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Ich kann die Likes und Dislikes relativ gleichmäßig vergeben. Meine Likes sind:

  • Individualisierung: Die umfangreichen Möglichkeiten zur Individualisierung der Benutzeroberfläche sind herausragend. Über die Mediathek Anpassungen im Reporting vorzunehmen, ist sehr hilfreich. Es wäre interessant, Inspirationen für ein Custom Layout aus einer GA4-Lösungs-Galerie zu bekommen, so wie wir es schon aus Universal Analytics kennen.
  • Kohorten: Die explorativen Analyse, also das fortgeschrittene Reporting, erlaubt es neue Visualisierungen zu erstellen, zum Beispiel eigene Funnels mit Segmenten. Mich beeindruckt, Kohorten in unserem E-Commerce-Umfeld analysieren zu können. Welche Kundinnen und Kunden (Client-IDs), die wir 2020 gewonnen haben, kommen zurück und kaufen weiterhin? Das ging zwar bereits in Universal Analytics, aber eben nur auf einer Ebene von drei Monaten. Ich wünschte, noch Jahreskohorten implementieren zu können.
  • Ereignisse: Das einfache Datenmodell ist viel einfacher zu planen. Nutzer:innen erzeugen Ereignisse. Jedes Ereignis kann bis zu 25 Parameter haben. Endlich schaffen wir es, aus dem Zwang von Ereigniskategorie, Ereignisaktion und Ereignislabel herauszukommen. Wenn man einmal das fundamentale Prinzip verstanden hat, ist das Fundament der Datenanalyse leichter zu planen, umzusetzen und auch besser auszuwerten.
  • Neue Metriken: Interessant sind auch ganz neue Metriken und Definitionen, die uns zuvor nicht zur Verfügung standen: Engagement-Rate oder Metriken wie Abwanderungswahrscheinlichkeiten oder maximaler oder minimaler Umsatz.

Dislikes:

  • Datenansichten und Rechte: Die Granularität, die wir aus bisherigen Datenansichten kennen, ist nicht mehr vorhanden. Damit fehlt die Möglichkeit, individualisiert Nutzerrechte in Organisationen zu vergeben.
  • Komplexität: Scheinbar müssen wir die neue Komplexität bei aller gewonnenen Flexibilität, Individualisierung und den neuen Metriken in Kauf nehmen. Jedoch ist GA4 wirklich sehr komplex: neue Technologie, neues Datenmodell, neue Metriken, neue Visualisierungen, neue Anpassungen der Benutzeroberfläche. Damit geht aber leider auch einher, dass in den explorativen Datenanalysen bestimmte Analysen Fehler produzieren. Beispiel einer Fehlermeldung: „Beim Laden der Daten für diese Komponente ist ein Fehler aufgetreten.“ Hier ist vollkommen unklar, worin dieser Fehler genau besteht: Wurde das Datenmodell verletzt oder ist es ein Bug? Hier wäre ein bessere Dokumentation der einzelnen Reportings sehr hilfreich.

Markus Baersch im Interview

Markus Baersch ist Geschäftsführer der Gandke Marketing & Software GmbH in Mönchengladbach, die Kundinnen und Kunden aus jedem Marktsegment bei der erfolgreichen Vermarktung und laufenden Optimierung ihrer Shops oder B2B-Websites unterstützt. Der Schwerpunkt liegt seit einigen Jahren neben SEM vor allem bei der Digital-Analyse, Client und Server-side Tag-Management sowie Datenqualität. Auf www.analytrix.de steht eine kostenlose Toolbox bereit, die neben Tools zu Universal Analytics und dem Tag Manager auch einen ersten GA4-Audit anbietet. Zusammen mit Michael Janssen betreibt Markus seit 2016 den Web-Analytics-Podcast „Beyond Pageviews“ auf termfrequenz.de. Auf seinem Blog gehört serverseitiges Tagging und Tracking zu den aktuellen Fokusthemen.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Die Antwort ist so vielschichtig wie die Frage. Es gab tatsächlich auch geplante Umstellungen – meistens waren das aber zweite Anläufe. Denn mittels eines einzigen GA4-Tags im Tag Manager und etwas E-Commerce wird die Komplexität bestehender Universal-Setups nur selten bis gar nicht erreicht. Zudem ist meiner Erfahrung nach so etwas noch nie als Migration, im Sinne einer echten direkten Umstellung, geschehen; ohne (recht langem) Parallelbetrieb hat sich noch niemand an das Thema gewagt. Selbst neue Setups werden erst einmal parallel aufgesetzt, weil es in den Unternehmen an Wissen und Akzeptanz für einen All-in-Ansatz fehlt. Was ich nachvollziehen kann.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

UA wird uns noch eine ganze Zeit begleiten (müssen). Denn es gibt immer noch nennenswerte Lücken im Umfang beider Fassungen. Das verwundert auch nicht, denn UA hatte viele Jahre Zeit, zu einem sehr funktionsreichen Produkt zu reifen. Das führt immer zu zwei Dingen: Design-Entscheidungen aus der Anfangsphase werden bereut und in einer neuen Fassung anders und idealerweise besser gemacht – was zum Beispiel zu Abweichungen in der Bedienung führt. Und zweitens gibt es eine Vielzahl an, zum Teil auch exotischen Features, die man gern über Bord werfen möchte. Hier scheint Google derzeit nach diesem Prinzip verfahren, zunächst den Forderungen der bereits umgestellten Anwender:innen in Reihenfolge und Umfang Rechnung tragen zu wollen. Ich sehe im Moment weder einen wirklichen Plan noch eine klare Roadmap, um bestimmte Lücken zu schließen. Vielleicht gibt es diese Roadmap, dann fehlt sie jedoch in der Kommunikation. Das ist ein großes Manko derzeit. Solange es noch so große Unterschiede auf Detailebene gibt, ist ein voller Umstieg für die meisten mit zu vielen Hürden verbunden. Warum sollte man jetzt umsteigen, wenn man noch für einige Dinge an UA festhalten muss? Da erscheint es unternehmerisch angemessener, interne Ressourcen eher zaghaft mit GA4 zu konfrontieren. Eher werden derzeit Migrationen von bestehenden Reporting-Strukturen in Probeläufen oder per Parallelbetrieb getestet und Tools, beispielsweise für Monitoring oder externe Datenanalyse, mit den Daten aus GA4 konfrontiert, um zu sehen, was passiert. Das ist mehr ein explorativer Umstieg und hat wenig mit einem Projektplan zu tun, bei dem es konkrete Meilensteine gibt. Was auch schwierig ist, solange die Rahmenbedingungen von Google definiert werden und das ohne bekannte Terminplanung.

Zu den größten GA4-Hebeln zählen Ressourcen für BI oder eine erweiterte Datenanalyse, wo die Daten in BigQuery (nicht jeder hat 360) die bestehende Infrastruktur besser als zuvor bedienen, oder erstmalig ernsthaft über First-Party-Daten nachgedacht wird.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Es gibt 1000 Dinge, für die man GA4 feiern kann. Leider aber auch noch 1001 Dinge, die eher Abneigung erzeugen oder sogar (noch) als K.-o.-Kriterium gut sind. GA4 macht definitiv viele Dinge anders und, so finde ich, auch besser macht als zuvor. Dazu gehören zum Beispiel das Event-Modell, die flexible Attribution, die User-Zentrierung und die untergeordnete Rolle der Session, BigQuery oder benutzerdefiniertes Reporting.
Bedauerlicherweise überzeugen diese Errungenschaften lediglich eher erfahrenere Bediener:innen und nicht die Masse der UA-Anwender:innen. Wer bislang mit den Daten in UA gelebt und gearbeitet hat und dabei keine besonderen Ansprüche an die Rohdatenauswertung stellte oder gar Sampling-Schmerzen spürte, wird sich mit GA4 heute eher schwertun, als das Update zu begrüßen und einen Umstieg herbeizusehnen.
Frust ist das, was ich oft beobachte, wenn ich jemanden beim Erstkontakt mit GA4 begleiten kann. Und ich sehe Dinge, die eigentlich Kleinigkeiten sind, aber zu großen Hürden werden können. Gut Gemeintes, wie zum Beispiel die Gruppierung bei der Auswahl sekundärer Dimensionen sind toll, aber ohne eine „Gesamtsuche“ muss man wissen, wo man ein Feld findet. Kommen dann noch verwirrende Änderungen wie die Existenz mehrerer Varianten von Quelle oder Sitzung hinzu, dominiert Verwirrung und Frust beim Umstieg „in Eigenregie“. GA4 ist nach aktuellem Stand ein Produkt, das nicht intuitiv erlernbar ist. Weder für Um- noch Neueinsteiger:innen. Ein Minimum an Selbststudium oder externe Anleitung scheint mir zwingend erforderlich zu sein. Das war bei UA anders (auch wenn sich viele damit auf den Holzweg gemacht haben) und ich weiß noch nicht, ob das gut oder schlecht ist. Auf jeden Fall ist es ein Problem für jeden, der von UA auf GA4 wechseln will oder muss.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Das ist ein Kernproblem. Aus Entwicklersicht ist es eigentlich egal. Für „umsetzende Ressourcen“, ohne Kontakt zu den Ergebnissen ihrer Arbeit, ist es bestenfalls irrelevant oder im schlimmsten Fall einfach nur Arbeit, weil nun etwas anders laufen muss als vorher, wie im dataLayer.

Entscheider:innen lassen sich dann begeistern, wenn ihre konkreten Wünsche jetzt besser abgedeckt werden (User-Zentrierung, Attribution) oder ein technischer Hintergrund vorhanden ist. Auch wenn sie erkennen können, dass sich durch das Bestehen von BI-Ressourcen (hausintern) Vorteile ergeben, was die Rohdaten-Verfügbarkeit in einer für die gemeinsame Vermessung von Apps und Websites optimierten Form (in BQ) anbelangt. Oder kurz: Nutzt man Daten auch jenseits des UI, ist GA4 ein großer Schritt nach vorn. Plant man primär das UI zu nutzen, weil es in Universal auch so gehandhabt wurde, ist es ein eher kleiner Schritt und die Richtung ist noch nicht einmal für jeden als „vorwärts“ zu erkennen. Dafür liegen noch zu viele Steine auf dem Weg und es gibt wenig bis keine Argumente für einen (jetzt durchgeführten) Umstieg, denn der Aufwand ist enorm und ohne konkreten Nutzen wirtschaftlich nicht zu vertreten. Das ist auch der Grund, warum als Antwort auf Frage 2 ein „Nein“ herauskommt, ob schon jemand zu 100 % im GA4-Zug sitzt.

Steen Rasmussen im Interview

Steen Rasmussen ist Co-Founder der IIH Nordic, einer der herausragenden Analytics-Agenturen in den „Nordics“, die 7-mal als beste Analytics-Agentur Dänemarks ausgezeichnet worden ist. Steen hat über 20 Jahre Erfahrung in der Webanalyse und Datenstrategien und wurde von der Digital Analytics Association 5-mal als Praktiker und Analytics-Influencer des Jahres nominiert.

Wie ist der aktuelle Stand der Migration, in welcher Phase befinden sich Unternehmen? Wie sind Unternehmen vorgegangen, gab es einen Rollout-Plan?

Analytics-Migrationen finden ständig statt, aber die meisten Unternehmen lassen die Plattformen derzeit parallel laufen, um sicherzustellen, dass sie von einem System zum anderen die gleiche Basis beibehalten.
Nur sehr wenige und sehr reife Kundinnen und Kunden haben dies als Chance gesehen, ihre Tracking-Grundlage neu zu setzen. Intern gibt es in vielen Unternehmen große Diskussionen über die Diskrepanzen zwischen den Daten im alten und im neuen Google Analytics – vor allem, wenn man mit der Führungsebene redet. Denn das Management sieht es gar nicht gern, wenn man die Berichtsstruktur aus technischen Gründen ändert.

Ist UA schon tot? Gibt es bereits Unternehmen, die ausschließlich mit GA4 arbeiten, es neben der technischen Migration für Reporting und als neue Analyse-Plattform einsetzen?

Bei IIH Nordic haben wir mehrere Kundinnen und Kunden, die das neue Analytics bereits in vollem Umfang nutzen und ständig an die Grenzen der GA4-Möglichkeiten gehen. Wir sehen hierbei eine erstaunliche Dynamik, weil sie den Weg für andere Unternehmen ebnen. Allerdings haben sie auch mit Problemen zu kämpfen, die sich aus der fehlenden Dokumentation, Fehlfunktionen und der Tatsache ergeben, dass sie an Grenzen des GA4-Reportings stoßen.

Für die Mehrheit der Kundinnen und Kunden ist Universal Analytics (UA) noch lange nicht tot. Ihre Teams sind im Umgang mit UA geübt, und die Umstellung ist groß, wenn man daran gewöhnt ist. Allerdings fehlt in der tägliche Routine oft der erforderliche Raum, um sich mit zusätzlichen Themen wie GA4 auseinanderzusetzen. Weiterbildung und Aufbau von Know-how sind aber zentral für einen produktiven Einsatz von GA4.

Wofür gibst du GA4 ein Like oder Dislike?

Die Antwort ist für beide dieselbe: Flexibilität. Einerseits ist es wirklich enorm hilfreich, dass man endlich die Möglichkeit hat, die GA4-Integration ganz individuell auf einzelne Kundinnen und Kunden zuzuschneiden. Das ist ein riesiger Vorteil. Man sieht, trotz eines hohen Zeit-Investments, sehr schnell und unmittelbar den Nutzen des neuen Analytics.

Andererseits ist die Komplexität, die das Setup von GA4 erfordert, eine riesige Herausforderung und für manche Beteiligte einschüchternd. Wir müssen ja sicherstellen, dass die Unternehmen bei einer Migration das Gefühl haben, von UA aufzusteigen und nicht abzusteigen.

Das neue GA4-Datenmodell basiert auf Nutzer:innen und Ereignissen. Welchen großen Vorteil nennst du Entwickler:innen und Entscheider:innen (Business/Marketing)?

Hier hilft Entscheider:innen ein Blick in die Vergangenheit. Man muss sich nur anschauen, wie sich das digitale Erlebnis von einer linearen zu einer interaktiven Erfahrung gewandelt hat. Die sozialen Medien dienen hierfür als Beispiel: Auf LinkedIn, Facebook oder TikTok wird dein Erlebnis nicht nur durch die Seite, auf der du dich befindest, definiert, sondern durch die Summe deiner Interaktionen. Und das ist etwas, mit dem sich die meisten Menschen sehr gut identifizieren können.

GA4 wird das neue führende Webanalyse-System

  • GA4 ist das neue Google Analytics: Google Analytics 4 ist gekommen, um zu bleiben und langfristig das altbekannte Universal Analytics abzulösen. Es hat sich zwar schon weiterentwickelt, lässt aber noch wichtige Funktionen wie bessere Verwaltung von Nutzer:innen vermissen. Die meisten Expertinnen und Experten gehen von einer langfristigen Migration von 1 bis 3 Jahren aus.
  • Paralleler Betrieb: Mittelfristig eignet sich ein Parallelbetrieb von alter Universal-Analytics-Property und neuer GA4-Property am besten. Auf lange Sicht wird Google Analytics 4 das Analyse-Tool der Wahl werden, da Google seine Entwicklungs-Ressourcen darauf setzt.
  • Individualisierung und Planung: Durch die umfangreichen Möglichkeiten, GA4 anzupassen, brauchst du eine bessere Planung deiner Implementierung (Ereignisse), deiner Benutzeroberfläche (Mediathek) und deiner Analysen (explorative Datenanalyse).
  • Server-side Tracking: Durch eingeschränkte Datensammlung wie Tracking Preventions (zum Beispiel Safari und Firefox) und hohe Datenschutzanforderungen rückt Server-side Tagging immer mehr in den Mittelpunkt professioneller Google-Analytics-Implementierungen. Strukturiertes Datensammeln führt langfristig zu besseren Daten, mehr Kontrolle über Daten und besserem Datenschutz (bei vernünftiger, ethischer Implementierung)
  • Know-how: Der Wechsel von Universal Analytics zu GA4 ist auf lange Sicht unumgänglich. Aber die Herausforderung in Unternehmen ist gewaltig. So verfügen Teams zwar bereits über grundlegendes Know-how in der Webanalyse, es wird jedoch eine enorme Kraftanstrengung, die Organisation auf ein neues Level zu heben. Das umfasst den Aufbau von Tool-Kompetenz (GA4) und Datenkompetenz gleichermaßen.
  • Mehr Techies: GA4 erfordert ein Mehr an technischen Ressourcen, Verständnis und Wissensaufbau zur Verarbeitung von Rohdaten (zum Beispiel BigQuery). Gleichzeitig bietet GA4 die Möglichkeit, über einen neuen Ansatz von Webanalyse nachzudenken. Treiber sollten hier die betriebswirtschaftlichen Anforderungen (Business Requirements) sein, erst dann sollte ein technischer Implementierungs- oder Umzugsplan folgen.

2 Kommentare zu “ᐅ GA4 | Das neue Google Analytics | Trends & Einschätzungen nach 500 Tagen”

  1. Tom schrieb am 17.03.2022 um 10:44 Uhr

    Und ab dem 01. Juli 2023 werden wir uns dann alle mit GA 4 beschäftigen. :)

    • Alexander Holl schrieb am 18.03.2022 um 11:36 Uhr

      Absolut lieber Tom, das war echt eine große News. Aber ich glaube tatsächlich da kommt noch mehr auf uns zu. Was ich damit meine, ist vielleicht gibt es auch einige Unternehmen, die Ihre eigene Analytics -Strategie komplett überdenken. Szenario (1) Gibt es Alternativen zu Google Analytics, wie Matomo oder Plausible (2) Mache ich einen 1:1 Upgrade auf GA4 (3) Verwende ich GA4 nur noch als Datapipeline und mache dann nur noch Auswertungen über andere Tools, wie DataStudio aber auch ganz andere Tools, wie Snowplow. (4) Ich machen einen Set-up von GA4 aber über einen eigenen Server – Stichwort Server-Side Tagging.

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